Vor einigen Tagen hatte ich begonnen, dieses Dokument der deutschen Verwertungsindustrie zu analysieren. Hier nun die Fortsetzung.
Es wird behauptet, dass Filesharing-Dienste die Benutzer einem Risiko aussetzten, mit Viren, Pornografie oder Gewaltdarstellung in Berührung zu kommen. Die Filesharing-Software könne auf Dateien zugreifen, die auf dem eigenen Computer gespeichert sind. Diese Behauptung ist soweit korrekt, was allerdings daran liegt, dass sie sehr allgemein gefasst ist. Genauso kann man behaupten, dass sich jeder Autofahrer dem Risiko eines tödlichen Verkehrsunfalls aussetzt. Meines Wissens findet man auf den Websites von Filesharing-Diensten, wie dem inzwischen abgeschalteten kino.to, häufig pornografische Werbung vor. Ich bin zwar kein intensiver Nutzer solcher Dienste, Gewaltdarstellungen sind mir aber bisher nicht untergekommen. Dass Filesharing-Software auf lokale Dateien zugreifen kann, stimmt. Wie sollte es diese sonst teilen? Das Gleiche kann jedes andere installierte Programm, sei es nun Skype, Word oder der Webbrowser. Die meisten Filesharing-Programme geben aber nicht die gesamte Festplatte frei. Sie teilen zunächst nur einen neu angelegten Ordner. Der Benutzer kann dann selbst weitere Ordner seiner Festplatte freigeben. Mir sind noch keine Filesharing-Programme bekannt, die ungewünschte Dinge mit meinen Daten angestellt hätten. Vorsichtig sein sollte man aber auf dubiosen Websites, die gerne dazu auffordern, gewisse Treiber oder ähnliches zu installieren, um auf Inhalte zugreifen zu können. Hierbei handelt es sich meist um Schadsoftware, die dem eigenen Computer tatsächlich gefährlich werden kann.
Auch der nächsten Behauptung kann ich zustimmen. Es dürfte aber kaum überraschen, dass Websites zumindest fragwürdiger Legalität ein ähnlichartiges Geschäftsmodell verfolgen. Tatsächlich kenne ich Leute, die über derartige Filesharing-Websites Abzockfallen zum Opfer gefallen sind. Zumeist, weil sie der Aufforderung gefolgt sind, Treibersoftware zu installieren und dazu auf Website verwiesen wurden, die eigentlich kostenlose Programme vertreiben. Ein Beispiel hierfür ist (oder war) opendownload.de, deren Betreiber bereits mehrfach zu Schadenersatzzahlungen und wegen versuchten Betrugs verurteilt wurde. Das sollte aber wenig verwunderlich sein. Wer sich in zweifelhaften Umgebungen bewegt, sollte eine gewisse Vorsicht walten lassen. Das gilt in der Realität ebenso wie im Internet.
Die Seiten 6 und 7 bewerben die angeblich so große Vielfalt legaler Angebote. Vielfalt dürfte hier allerdings Ansichtssache sein. Ich persönlich ärgere mich immer wieder darüber, dass ich beispielsweise australische Musik oft nicht legal in Europa erwerben kann. Die australische Musik-Szene scheint zu einem großen Teilen vom Rest der Welt abgeschnitten zu sein. Es ist für Otto Normalverbraucher nicht nachvollziehbar, dass ein Lied zwar im australischen iTunes-Store verfügbar ist, im eigenen Land aber nicht und auch nicht aus dem fremden Land bezogen werden kann. Spätestens, wenn die Suchmaschine dann auf den ersten Seiten ausschließlich Filesharing-Websites als Ergebnisse liefert, schlägt man die Hände über dem Kopf zusammen. Überhaupt sind die Nutzungsrechte, die man beim legalen Erwerb legaler Inhalte eingeräumt bekommt, eher ein Witz. So soll man diese beispielsweise nicht weiterverkaufen können, wie man es mit einem gebrauchten Buch oder einer CD machen könnte. Ein weiteres tolles Thema im Bezug auf legale Angebote sind E-Books. Diese haben nach wie vor in den allermeisten Fällen einen Kopierschutz, der für den Nutzer ausschließlich Nachteile mit sich bringt. Die Musikindustrie hat diese Phase bereits hinter sich. Auch sie hat dem Nutzer seine Freiheit vorenthalten und erst davon abgelassen, als die illegale Konkurrenz viel zu groß wurde. Ich bin mir sicher, dass wir eine ähnliche Entwicklung in den nächsten Jahren auch bei E-Books sehen werden. Mit der massenhaften Verbreitung von E-Book-Readern werden die illegalen Angebote für E-Books weiter wachsen und zwar solange, bis die Verwerter endlich auf Kopierschutzmechanismen verzichten und dem Nutzer seine Freiheit zurückgeben, die er aus der analogen Welt gewohnt ist.
Loben muss ich an dieser Stelle die Ausführungen zur Legalität von Streaming-Diensten. Es wird korrekt dargestellt, dass diese rechtliche Frage derzeit nicht geklärt ist. Das kommt daher, dass eine digitale Kopie von einer illegalen Quelle selbst illegal ist. Allerdings ist juristisch umstritten, ob beim Streaming eine solche Kopie entsteht. Richtig ist, dass beim Streaming zwangsweise Daten kopiert werden. Bei jedem Zugriff auf das Internet müssen Daten heruntergeladen und damit kopiert werden. Das Streaming unterscheidet sich aber gerade dadurch vom Download, dass die Kopie nicht dauerhaft Bestand hat. Nachdem die Daten auf dem Bildschirm dargestellt wurden, werden sie vom Computer wieder verworfen. Dass die Verwertungsindustrie auch ein Streaming als illegale Kopie versteht, dürfte nicht überraschen. Ich persönlich bin da anderer Ansicht. Das Problem ist nämlich, dass jedes digitale Gerät während des Betriebs am laufenden Band Kopien erstellt. So funktioniert nun einmal ein Computer. Auch der DVD-Player und der Flachbildfernseher sind da keine Ausnahme. Wie sollte der Film denn von der DVD auf den Fernseher kommen, wenn er nicht kopiert wird? Die Daten werden von der DVD ausgelesen, zum Fernseher geschickt – also dorthin kopiert – und von diesem angezeigt. Aus meiner Sicht unterscheidet sich das in keiner Weise vom Streaming. Wenn also das Streaming eine illegale Vervielfältigung darstellt, müsste die Benutzung des DVD-Players das meines Erachtens auch tun. Aber das wird früher oder später von mehr oder weniger technisch versierten Richtern entschieden werden.