Verwerterpropaganda: Illegale Downloads sind genauso schlimm wie Ladendiebstahl

Eben flog mir von @holgi über Twitter ein Zitat zu, das mir doch ein wenig seltsam erschien:

Wenn Du ein Lied runterlädst ohne zu bezahlen, sperren wir deine Eltern ein!

Dazu gab es den Link zu einem Dokument der deutschen Verwertungsindustrie. Der sogenannte Leitfaden soll über den legalen Umgang mit digitalen Inhalten aufklären. Leider fällt schnell auf, dass es sich dabei um Propaganda handeln muss, denn der systematische Versuch Sichtweisen zu formen, beginnt spätestens auf Seite 5.

Für mich ist das ein geeigneter Anlass, ein paar Dinge zu erläutern und zu diskutieren, die mich schon sehr lange beschäftigen.

Auf Seite 4 wäre bereits die Behauptung diskussionswürdig, das Urheberrecht sorge für das Einkommen von Kreativen. Meiner Ansicht nach verdient das Urheberrecht seinen Namen schon lange nicht mehr. Zwar ist es richtig, dass das Urheberrecht die Rechte der Urheber regelt. Das hält die Verwertungsindustrie jedoch keinesfalls davon ab, Kreative und Künstler auszubeuten. Aber darauf gehe ich vielleicht ein anderes Mal noch mal genauer ein.

Wie gesagt beginnt die Propaganda spätestens auf Seite 5. Dort wird behauptet, dass illegale Downloads genauso schlimm seien wie Ladendiebstahl. Obwohl ich illegale Downloads grundsätzlich ablehne, ist diese Behauptung schon rein technisch gesehen falsch. Bei einem Ladendiebstahl wird eine materielle Ware entwendet, deren konkrete Erzeugung für gewöhnlich Geld gekostet hat. Daher ergibt sich ein Schaden für den Bestohlenen. Völlig anders verhält es sich allerdings bei illegalen Downloads. Ein Download ist immer eine Kopie. Es wird nichts entwendet, ganz im Gegenteil wird sogar etwas Zusätzliches erzeugt. Das Herunterladen wäre also viel besser damit zu vergleichen, in einen Buchladen zu gehen und ein Buch Seite für Seite zu fotografieren. Dadurch entsteht kein direkter Schaden, weil niemandem etwas weggenommen wird. Ein indirekter Schaden entsteht allerdings dann, wenn die Fotografie Ersatz für einen Kauf ist, denn wenn das Buch verkauft worden wäre, hätte jemand an diesem Verkauf verdient. Zwar ist das fotografierte Buch nun immer noch da und kann nach wie vor verkauft werden, aber jedes verkaufte Buch bringt einen Gewinn, der dann fehlt, wenn die Fotografie statt des zu kaufenden Originals genutzt wird. Anders herum entsteht meiner Ansicht nach kein Schaden, wenn zwar die Fotografie benutzt wird, das Buch aber ohnehin nicht gekauft worden wäre. Zwei Fälle, die sich leider nicht unterscheiden lassen, solange man nicht die Gedanken des Fotografen lesen kann. Der Milchmädchenrechnung der Verwerter, dass jeder illegale Download eine verkaufte Musikdatei weniger bedeuten würde, kann ich aber nichts abgewinnen. Das ergibt sich schon daraus, dass es Menschen gibt, die zehntausende Lieder auf ihren Festplatten haben, deren legale Anschaffung sie sich überhaupt nicht hätten leisten können. Die Hürde ein Lied zwar illegal aber umsonst zu bekommen, scheint für viele Leute erheblich niedriger zu sein, als 99 Cent dafür auszugeben. Das alles rechtfertigt keineswegs das illegale Herunterladen von Musik. Die Verwerter verallgemeinern das Problem für meinen Geschmack aber viel zu sehr und vermitteln damit – mutmaßlich – sehr bewusst und im eigenen Interesse ein falsches Bild.

Am Schluss des Absatzes wird behauptet, dass Eltern für ihre Kinder haften würden. Ich möchte jeden Leser dazu einladen, seine bevorzugte Suchmaschine nach der allseits bekannten Beschriftung vieler Baustellenschilder zu befragen. Meine Suche ergab zumindest, dass die allermeisten Suchergebnisse über diesen allgemeinen Rechtsirrtum aufklären. Ganz falsch ist die Behauptung zwar nicht, die Haftung ist aber von vielen Faktoren wie zum Beispiel dem Alter des Kindes und einer Vernachlässigung der Aufsichtspflicht abhängig.

Weiteres zum Thema in Kürze.

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